Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hatte im Zusammenhang mit der Aufstellung eines Bebauungsplan im Randbereich der "City-Nord" einige bemerkenswerte Hinweise zur Ausformung des Gebietsgewährleistungsanspruchs gegeben (OVG, Beschl. v. 09. Februar 2021 - 2 Bs 231/20, NordÖR 2021, 342 ff.). Vor dem Hintergrund der Frage nach der Planreife - sie sei jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn der Plan rechtlich fehlerhafts ist (Leitsatz 1. und S. 343 ) - geht das Gericht auf die Frage ein, ob in dem dann als "Kerngebiet" gemäß § 7 BauNVO zu betrachtenden Gebiet in einem überwiegenden Maß Wohnungen zugelassen werden - es stellt fest: ""Dies gestattet indes keine unbeschränkte Festsetzung von Wohnungen in einem Kerngebiet" (S. 343). Angesichts fehlender städtebaubaulicher Gründe dürfe auch eine Ausnahme nicht erteilt werden. Ob allerdings - anders als in den Fällen einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB in den Fällen einer Ausnahme gemäß § 31 Abs. 2 BauGB - in einem Nachbarschutzfall die Ausnahmevoraussetzungen zugunsten der Nachbarin ermessensfehlerfrei vorliegen müssen, lässt das OVG unter Bezugnahme auf ein laufendes Verfahren beim BVerwG (Beschl. v. 15.9.2020 - 4 B 46.19 (4 C 6.20) offen.
Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat sich zum Jahresanfang des Jahres 2021 mit der Frage zu befassen, ob und inwieweit Nachbarschutz während der Planaufstellung zu gewähren ist (OVG 2 Bs 231/20, NordÖR 2021, 342). Neben der Frage, wann "Planreife" eingetreten ist - was verneint wird - , befasst sich die Entscheidung mit der Reichweite des Gebietserhaltungsanspruchs auf der Grundlage des dann in Bezug zu nehmenden früheren Bebauungsplans (der ein Kerngebiet ausweist und in das hinein eine Wohnbebauung geplant wird). Da auch eine Befreiung von den Voraussetzungen her ausgeschlossen war, wurde das Bestehen eines Gebietsgewährleistungsanspruch angenommen. Das Gericht konnte dabei - wie auch das BVerwG - die Frage offenlassen, ob der Gebietserhaltungsanspruch einen Anspruch auf ermessenfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB eröffnet, weil es die Ausnahmevoraussetzungen verneint.
Während Normenkontrollanträge grundsätzlich binnen eines Jahres nach Bekanntmachung zu stellen sind (§ 47 Abs. 2 VwGO) und hier grundsätzlich keine unmittelbare Begründungsfrist läuft, war von der Literatur und Instanzgerichten die Auffassung vertreten worden, dass die 10 Wochen-Frist gemäß § 6 Satz 1 UmwRG jedenfalls dann auch im Normenkontrollverfahren einzuhalten sei, wenn beispielsweise beim "Angriff" auf einen Bebauungsplan umweltbezogene Gesichtspunkte eine Rolle spielen (dererlei Sachverhalte fallen gemäß § 1 UmwRG in den Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes). Das Bundesverwaltungsgericht hat dies nunmehr abgelehnt (BVerwG, Urt. v. 29.10.2020 - 4 C 9/19).
In einem Beschluss vom 11.09.2018 - 4 B 34/18 = NVwZ 2019, 245 stellt das Bundesverwaltungsgericht noch einmal klar, dass die bisherigen hohen Anforderungen an den Eintritt einer Verwirkung aufrechterhalten werden - nur wenn "... die Baugenehmigung nicht schon wegen Versäumung der Widerspruchsfrist bestandskräftig geworden ist" (Auszug aus dem Leitsatz), besteht kein Raum mehr für eine Verwirkung. Das BVerwG stellt insoweit in diesem Fall nicht auf den Baubeginn, sondern auf eine dem Nachbarn erst nach sehr langer Zeit erteilte Akteneinsicht ab (a.a.O. S. 246: "Selbst wenn der Baubeginn auf den 2.1.2009 festgelegt festzulegen wäre und des der Kl. hätte zugemutet werden können, schon an diesem Tage beim Bekl. oder Beigel. wegen der Baugenehmigung nachzufragen, wäre der Widerspruch nicht verfristet; den die Kl. hat am 28.10.2009 und damit vor Ablauf der Jahresfrist beim Bekl. Akteneinsicht beantragt. Damit hat sie rechtzeitig das ihr Mögliche und Zumutbare getan, um sich Kenntnis von der Baugenehmigung zu verschaffen. Auf den Zeitraum bis zur positiven Bescheidung des Akteneinsichtsgesuch (mehr als ein Jahr, Anm. des Verfassers) hatte sie keinen Einfluss."
Wohnungen in Urlaubsgebieten und touristisch begehrten Städten werden vielfach erworben, um sie für eine Ferienwohnungsnutzung an Urlauber zu vermieten. Es liegt auf der Hand, dass der manchmal tägliche, jedenfalls aber häufige Wechsel der Bewohner einer so genutzten Wohnung zu einer gewissen Unruhe in einer Wohnungseigentumsanlage führt. Da es sich bei einer solchen Nutzung nicht um eine "auf Dauer angelegte Häuslichkeit handelt, habe die Bauaufsichtsbehörden vornehmlich in den Urlaubsgebieten an den deutschen Künsten in umfangreichen Maße Nutzungsuntersagungen ausgesprochen, die von den Verwaltungsgerichten bestätigt werden (OVG Greifswald, Beschl. v. 28.12.2007 – 3 M 190/07 = NordÖR 2008, 169, dasselbe: Urt. v.19.02.2014 - 3 L 212/12 und NordÖR 2014, Beschl. v. 10.06.2015 – 3 M 85/14 = NordÖR 2015, 433; OVG Lüneburg, Beschl. v. 18.09.2014 – 1 KN 123/12= ZfBR 2014, 767 („Borkum“), dasselbe: Beschl. v. 15.01.2015 – 1 KN 61/14 = BauR 2015,630; VG Sigmaringen, Beschl. v. 17.05.2015 – 7 K 2123/14; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 30.05.2016 – 10 S 34/15 = NVwZ-RR 216, 650 ff, VG Schleswig, Urt. v. 17.08.2016 - 8 A 173/14 und VG Schleswig, Beschl.v.14.11.2016 - 8 B 42/16; siehe dazu auch der in der Rubrik Veröffentlichungen "Verwaltungsrecht" genannten Aufsatz von Fraatz-Rosenfeld / Kahrmann). Dazu nun ein wichtiger Hinweis: Der Gesetzgeber / Verordnungsgeber hat dieser Situation durch die Einfügung eines § 13 a BauNVO insofern Rechnung getragen, als - abgesehen von den "reinen Wohngebieten" des § 3 BauNVO - den Gemeinden die Möglichkeit eröffnet wird, durch Bebauungsplan Ferienwohnungen zuzulassen (die BauGB - Novelle mit diesen und weiteren Änderungen ist am 13. Mai 2017 in Kraft getreten, BT-Drs. 18/10942); darüber hinaus erlaubt § 13 a BauNVO vornehmlich in allgemeinen Wohngebieten des § 4 BauNVO - insbesondere bei untergeordneter Nutzung - die Ferienwohnungsnutzung regelhaft und in reinen Wohngebieten gemäß § 3 BauNVO diese ausnahmsweise.
Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat sich in einer aktuellen Entscheidung (Beschluss vom 25. Juni 2019 - 2 Bs 100/19, juris) abermals mit Fragen des öffentlich-rechtlichen Nachbarschutzes befasst - dieses Mal mit der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Nachbarn einen Anspruch darauf haben, dass in bestimmten Fällen die Grundflächenzahlen und / oder Baugrenzen bei einem Bauvorhaben auf dem benachbarten Grundstück eingehalten werden müssen. Die dieser Entscheidung zugrundeliegenden Überlegungen sind der gegenwärtige Endpunkt einer Entwicklung des baurechtlichen Nachbarschutzes, den das Bundesverwaltungsgericht schon vor langer Zeit eingeleitet hat und im Jahre 2018 mit der "Wannsee-Entscheidung" (Urt. v. 9.8.2018 - 4 C 7.17 = NVwZ 2018, 1808) weitergeführt. Ohne Rückgriff auch z.T. vertretene Auffassungen zum "Gebietsgepräge" hat das BVerwG konstatiert, dass jedenfalls - in diesem Fall eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB - unzulässig ist, "... wenn der Plangeber die Planbetroffenen mit den Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung in ein wechselseitiges nachbarliches Austauschverhältnis einbinden ... wollte" (Leitsatz 2 des Urteils vom 9.8.2018). Mit ausdrücklichem Hinweis auf diese Entscheidung hat das Hamburgische OVG mit der Entscheidung vom 25. Juni 2019 auch für Hamburg diese Überlegunen nachvollszogen und angenommen, dass von einer "neben diese (städtbauliche, Anm. d.Verf.) Ordnungsfunktion tretenden nachbarschützenden Wirkung ... ausnahmsweise ... dann auszugehen ist, wenn konkrete Anhaltspunkte für einen entsprechenden planerischen Willen erkennbar ..." sind.
Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hatte bereits seit langem die Auffassung vertreten, dass großflächige Außengebietsfestsetzungen in den hamburgischen Baustufenplänen unwirksam sind - für kleinflächige Außengebiete wurde das zunächst noch für möglich gehalten (so ein Urteil des Hamburgischen OVG 18.12.1975 -Bf II 91/74). Nunmehr hat das OVG diese frühere Rechtsauffassung ausdrücklich aufgegeben und führt aus (Urteil v. 20. April 2017 - 2 E 7/15 N = NordÖR 2017, 389,391): Der Senat hat "... zwar bislang die Frage offengelassen, ob wenigstens kleinflächige Außengebietsfestsetzungen Wirksamkeit für sich beanspruchen können ... Dies wird nunmehr aber verneint, weil es für die Außengebietsfestsetzung in den übergeleiteten Baustufenplänen bereits keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage gab. Die gegenteilige Senatsrechtsprechung ... wird aufgegeben.“
Eine Entscheidung des OVG Magdeburg (Beschl. v.5.9.2016 - 2 M 49/16 = NvWZ-RR 2017, 283) wird angeführt von folgenden bemerkenswerten Leitsätzen: "...
1. Erhaltungssatzungen nach § 172 BauGB vermitteln keinen Drittschutz. 2. Eine unzureichende Stellplaztzahl eines Bauvorhabens kann im Einzelfall ausnahmsweise im bauplaungsrechtlichen Sinne rücksichtslos sein. 3. Unzumutbare Beeinträchtigungen durch den von den Stellplätzen einer rechtlich zulässigen Wohnbebauung ausgehenden Lärm infolge an- und abfahrender Fahrzeuge liegen nicht bereits dann vor, wenn die Orientierungswerte der TA Lärm überschritten werden."
Das OVG Münster hat sich aktuell mit einem wenig betrachteten Institut des öffentlichen Baurechts beschäftigt - der Baulast (Urt.v.21.11.2017 - 2 A 1393/16 = NVwZ-RR 2018, 422). Sie dient der Sicherung von planungsrechtlichen (seltener!) oder bauordnungsrechtlichen Vorgaben durch den Grundeigentümer / Bauherrn; ausgeführt wird sie durch Abgabe einer Verpflichtungserkärung gegenüber der Bauaufsichtsbehörde. Sie "ist zu löchen, wenn das öffentliche Interesse an ihr entfällt" (so die weitgehend wort- und inhaltsgleichen Formulierungen der Landesbauordnungen. Das OVG hat in diesem Zusammenhang klargestellt (Leitsatz 1.): "Ist das öffentliche Interesse an einer Baulast entfallen, hat der Eigentümer des belasteten Grundstücks grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass die Bauaufsichtsbehörde auf die Baulast verzichet".