Der Verfasser des Hinweises hat den Titel etwas "aufgebauscht", aber: Der Bundesgerichtshof hat am 28.01.2022 ein Urteil verkündet, dass eine klare Ausage zu dem Verhältnis der Entscheidungsmöglichkeiten einer Wohnungseigentümergemeinschaft zum Bauordnungsrecht trifft. Er führt aus (V ZR 106/21, Ls. 2): "Ein Beschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft, der im Widerspruch zu bauordnungsrechtlichen Vorschriften eine Duldung des regelmäßigen Haltens von LIeferfahrzeugen in der auf dem Grundstück der Wohnungseigentümer befindlichen Feuerwehrzufahrt zusagt, ist nichtig."
Das AG Berlin-Mitte (Urt. v. 19.02.2020 - 26 C 21/19, ZMR 2020, 791) hatte sich mit der Reichweite einer Gemeinschaftsordnung zu befassen, die für ein Teileigentum die Zweckbestimmung "Bewirtschaftungsbetrieb Cafe ohne Vollküche". Es stellte dazu fest (Leitsatz 1.), dass dies auch die Verpachtung oder Vermietung der Räume beinhaltet. Allerdings sei es bei dieser Ausgestaltung der Gemeinschaftsordnung nicht (mehr) zulässig, ein "Clubrestaurant mit Abendkarte für ein anspruchsvolles Publikum" zu betreiben.
Bisher war ganz selbstverständlich gängige Rechtsauffassung, dass (unzulässige) Veränderungen des Gemeinschaftseigentums durch die jeweils einzelnen Wohnungseigentümer abgewehrt werden konnten - also im Wege einer Klage auf Beseitigung rückgängig gemacht werden konnten (anders nur dann, wenn die "Gemeinschaft der Wohnungseigentümer" als Verband die Ansprüche an sich zog). Da aber die Geltendmachung von Rückbauansprüchen nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs Schadensersatzansprüchen ähnlich seien und diese ausschließlich dem Verband zustünden, sind Rückbauansprüche dann - führt man diese Überlegung konsequent fort - , keine individuellen Ansprüche mehr (so jetzt auch eine Entscheidung der LG München, Urteil vom 15.11.2017 - 1 S 1978/16 = ZMR 2018,366 mit Anmerkung von Elzer; nunmehr relativiert durch ein Urteil des BGH vom 26.10.2018 - V ZR 328/17, erläutert im Hamburger Grundeigentum 5/2019, Seite 25).
Die ganz überwiegende Auffassung in wohnungseigentumsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur geht von aus, dass ein Unterlassungsanspruch bei Verstößen gegen öffentlich-rechtliche Normen (etwa solche des Bauordnungsrechts) nur dann besteht, wenn diese Vorschriften im Sinne der verwaltungsrechtlichen Dogmatik auch "nachbarschützend" sind. Das AG Bonn (Urteil vom 30.11.2016 - 27 C 13/16) führt im Gegensatz dazu jetzt für einen Fall der Zweckentfremdung aus: "Eine konkrete Beeinträchtigung liegt immer dann vor, wenn Vermietung gegen eine Zweckentfremdungssatzung der örtlichen Gemeinde verstößt".
Der Bundesgerichtshof hat zu einer immer wieder auftretenden Problematik wie folgt Stellung genommen (Urteil vom 15.12.2017 - V ZR 275/16 = DWW 2018, 137): "...
Mit einer Entscheidung des BGH (Bundesgerichtshofs) vom 17.10.2014 (V ZR 9/14; dazu auch eine Urteilsanmerkung von Lafontaine in der Juris Monatsschrift 03 /2015) hat das Gericht denjenigen Wohnungseigentümern eine Absage erteilt, die sich (aus falsch verstandener Sparsamkeit!?) notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen widersetzen. So war es nämlich in diesem Fall: In einer Dreier-WEG hatte ein Eigentümer eine Feuchtigkeitssanierung blockiert. Der BGH hat dazu die Auffassung vertreten, dass diejenigen Eigentümer, die entweder untätig geblieben sind oder gegen eine notwendige Maßnahme gestimmt oder sich insoweit enthalten haben, schlicht schadensersatzpflichtig sind.
Der Bundesgerichtshof hat sich nun mit der durch die instanzgerichtliche Rechtsprechung nicht endgültig geklärten Belegeinsicht und dem Auskunftsrecht beschäftigt und führt aus (BGH NSW WEG § 28 - BGHinterner Auskunftsdienst): 1. Das Recht des Wohnungseigentümers auf Einsichtnahme in Verwaltungs-unterlagen ist grundsätzlich in den Geschäftsräumen des Verwalters auszuüben; dort kann er sich auf seine Kosten Ablichtungen der Unterlagen anfertigen oder anfertigen lassen. 2. Der gegen den Verwalter gerichtete Anspruch auf Auskunft zu der Jahresabrechnung und dem Wirtschaftsplan steht allen Wohnungseigentümern gemeinschaftlich als unteilbare Leistung zu; erst wenn sie davon trotz Verlangens eines einzelnen Eigentümers keinen Gebrauch machen, kann dieser allein die Auskunft verlangen. Außerdem besteht ein Individualanspruch dann, wenn sich das Auskunftsverlangen auf Angelegenheiten bezieht, die ausschließlich ihn betreffen.